So, ich habe mal ein wenig nach Informationen zur Zellchemie eines LiPo-Akkus gesucht, und was soll ich sagen: es ist gruselig
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Es gibt massenweise Themen in diversen Foren, in denen wirklich schauderhaftes Halbwissen ausgetauscht wird und wo man sich wundern muss, dass nicht in wenigstens der Hälfte der Fälle Godwins Law eine weitere Bestätigung gefunden hat. Ein paar Stellen habe ich dann aber doch gefunden, die mir wenigstens etwas weitergeholfen haben.
Zunächst mal die Good News: in einem LiPo ist keine Flusssäure enthalten. Das hätte mich zwar ein wenig gewundert, aber man weiß ja nie. Das spannende an dem Innenleben eines Lipos ist neben dem Elektroden- und Verpackungsmaterial der Elektrolyt. In einem Lithium
ionenakku besteht dieser Elektrolyt aus einer Flüssigkeit. In der Regel handelt es sich dabei um Dimethylcarbonat, evt. mit Beimengungen von Ehylencarbonat. DMC ist eine brennbare Flüssigkeit mit einem Flammpunkt von unangenehm niedrigen 14 Grad, die für sich alleine aber den elektrischen Strom nicht ausreichend leiten kann. Dazu werden in dem DMC bestimmte Salze aufgelöst, sehr oft handelt es sich dabei um Lithiumhexafluorophosphat LiPF6. Dieses sorgt dafür, das der Strom in der Zelle auch fließen kann, hat aber die äußerst unangenehme Eigenschaft, bereits mit Spuren von Wasser oder Feuchtigkeit unter Abspaltung von Flusssäure zu reagieren. Im Falle einer Überlastung oder Überladung steigt der Dampfdruck des Lösemittels DMC im Akku an, was zusammen mit irreversiblen Zersetzungsprozessen zu einem Aufblähen des Akkus führt. Platzt die Hülle, tritt DMC (gasförmig) aus und kann wegen des niedrigen Flammpunktes in Gegenwart einer Zündquelle sehr leicht entzündet werden (z.B. durch einen Funken infolge eines Kurzschlusses in einem beschädigten LiPo). Bei der Verbrennung des LiPos würde vermutlich früher oder später auch Flusssäure entstehen. Aber auch wenn die Entzündung ausbleibt, so würde das zusammen mit dem DMC austretenden LiPF6 mit Luftfeuchtigkeit Flusssäure bilden. Bei einem LiPo ist die Situation ähnlich, allerdings wird dort anstelle eines Lösemittels ein geeignetes Polymer verwendet, welches dann über ein mit LiPF6 dotiertes Gel wieder leitfähig gemacht wird. Tritt bei einem beschädigten LiIon Akku also Flüssigkeit aus, wird dies bei einem LiPo nicht oder nur in geringem Maße der Fall sein.
Leider habe ich auf die Schnelle keine vernünftigen Angabe zur Menge des in den Akkus enthaltenen LiPF6 gefunden. Ich meine irgendwo gelesen zu haben, dass es sich um jeweils wenige Gramm pro Akku handelt, was ich für ziemlich plausibel halte, ich finde die Stelle aber nicht mehr. Letztlich ist es aber die Menge, die über die von den Innereien eines LiPos ausgehenden Gefahr bestimmt.
Leider (oder zum Glück) ist die Entwicklung auf dem Akku Markt sehr dynamisch. Deshalb kann man nie sicher sein, ob das, was man gerade in einem Fachartikel über die Inhaltsstoffe eines Lipos gelesen hat, auch tatsächlich dem entspricht, was in dem eigenen gerade defekten Akku enthalten ist. Deshalb kann ich hier auch unmöglich weise Ratschläge erteilen. Ich kann aber beschreiben, was ich im Falle eines Falles machen würde:
Nur ein verschlossener Akku ist ein guter Akku. Wenn die Hülle defekt und offen ist, gehört der Akku sofort aussortiert. Auch wenn die enthaltene Menge LiPF6 vermutlich gering ist und damit auch keine unmittelbare Gefahr einer Verätzung besteht, ich möchte es auch in geringen Mengen nicht auf die Haut bekommen (ich habe einige Zeit mit supersauren Systemen wie Fluorantimonsäure gearbeitet, die auf wasserfreier Flusssäure basieren und die ungelogen einige trillionenmale stärker sauer sind als konzentrierte Schwefelsäure. Ich habe diese Arbeiten zum Glück ohne Blessuren überstanden, aber ich kenne auch Fälle, gegen die das Beispiel von Karl Erik Kindergeburtstag ist. Flusssäure ist auf deutsch gesagt ein Dreckszeug). Wenn also eine Akkuhülle defekt ist, würde ich mir ein paar gescheite Gummihandschuhe anziehen (die gelben von Vileda etc. aus der Haushaltsabteilung des Baumarkts tun es behelfsweise, danach gründlich waschen und falls beschädigt entsorgen), den Akku ggf. entladen (dann geht die Gefahr nur noch von dem Chemiecoctail im Inneren aus, kann aber nicht mehr so leicht brennen), in einen LiPo Bag oder eine Metallkiste packen, und anschließend bei der nächst bestenen Gelegenheit im Wertstoffhof abgeben.
Ich würde einen defekten Akku niemals öffnen und in einer Kochsalzlösung einlegen. Das ist nur eine Riesensauerei die in ihrer Entsorgung vermutlich schwieriger sein wird, als der defekte Akku selbst. Außerdem könnte gerade diese Brühe Anteile an Flusssäure enthalten, und das würde ich halt unbedingt vermeiden.
Einen verbeulten Akku würde ich entsorgen, und nicht, wie so manches mal gelesen, im Schraubstock gerade biegen. Das kann funktionieren, muss aber nicht. Jede Zelle besteht im Inneren aus einer Vielzahl von Schichten den beiden Elektroden, getrennt durch den Elektrolyten. Da ist es denkbar, dass es sofort oder später mal zu einem inneren Kurzschluss kommen kann, der im Extremfall die Zelle hochgehen lässt.
Wenn es einmal brennt, spricht meiner Ansicht nach nichts dagegen, den Brand mit Wasser zu bekämpfen, dann aber bitte nicht nur mit ein paar Spritzern, sondern achnell mit viel Wasser. Je nach Fortschritt des Brandes besteht immer das Risiko einer schlagartigen Verdampfung zu geringer Wassermengen, ähnlich wie das bei Fettbränden der Fall ist. Eideutig eleganter wären aber Sand oder ein CO2-Löscher, den ich mir nach Bafassen dieses Beitrags jetzt endlich mal anschaffen werde. In jedem Fall ist es nicht empfehlenswert, die Verbrennungsdämpfe einzuatmen, die werden ziemlich sicher sehr ungesund sein. Also nicht den Zinken übers Feuerchen halten
Möglicherweise sind die Maßnahmen übervorsichtig und teilweise unbegründet, weil sich der Zellinhalt beim LiPo der neuesten Generation schon wieder geändert hat. Aber in manchen Situationen bin ich lieber ein wenig zu vorsichtig, als zu nachlässig.
Für alle, die bislang noch immer nicht genug haben von dem Thema, hätte ich hier noch einen interessanten Link:
http://www.eco-idc.de/eco-news/LiPoSicherheitshinweise.pdf . Ich hoffe, dass ich jetzt nicht zu viel Blödsinn erzählt habe, aber das Zusammensuchen relevanter Informationen hat sich nicht ganz so einfach gestaltet
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In diesem Sinne allzeit sicheres Akku Handling
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