Phobotic dürfte hier wohl den meisten unbekannt sein. Ich wurde auch erst vor kurzem drauf aufmerksam gemacht und habe mir mal einen Gimbal Controller mit zweiter IMU zum Testen bestellt. Das Ding ist zwar alles andere als günstig, doch darum geht es mir hier nicht. Ich will nur wissen, ob es etwas besseres gibt.
Der Controller selbst kostet fette 399 USD und kommt mit einer IMU. Eine zweite IMU kostet 129 USD. Alternativ gibt es noch eine HV- (High Voltage) Version des Centerpiece, die für bis zu 10S Spannung ausgelegt ist, 599 USD kostet und bereits eine zweite IMU beinhaltet.
Damit ist es finanziell aber noch nicht getan: 2 Tage nach Bestellung in Israel (!!!) stand der Fedex-Fahrer mit dem Päckchen vor der Tür und wollte nochmal 120 Euro für Zoll und Einfuhrumsatzsteuer. Damit belaufen sich die Gesamtkosten für ein CP mit zweiter IMU und allen Nebenkosten auf rund 580 Euro.
Das ist ne ordentliche Stange Geld, wenn man bedenkt, dass ich kein einziges wirklich gutes Video im Netz gefunden habe. Nur Hobbyvideos von (überwiegend) US-amerikanischen Besitzern, die ihren billigen DYS- RCT- oder sonstwas-Gimbal damit aufgemotzt haben. Und ein guter Controller wird aus einem schlechten Gimbal niemals ein tolles Bild zaubern können. Somit sind die meisten Videos halt doch Jello-verseucht, unscharf oder aus anderen Gründen grottig schlecht.
Egal, Mut wird meistens belohnt, also kaufen und ausprobieren. Der Controller kommt in einer schicken Verpackung und bis auf das Stromkabel muss nichts mehr gelötet werden. Alle Stiftleisten sind bereits vorhanden. Ein Beiblatt verweist direkt auf eine Seite von Phobotic, auf der das Manual, die aktuelle Firmware (war bei mir bereits drauf) und die neuste GUI zum Download liegen. Die GUI ist eine Chrome-App und somit betriebssystemunabhängig.
Ausschlaggebend für meinen Kauf war, dass die IMU eine 9DOF ist, also einen Mag mit drauf hat. Für mich war immer klar, dass eine Pan-Stabilisierung erst dann gut werden kann, wenn es eine Richtungsreferenz in Form eines Endlos-Potis, Magnet-Encoders, Magnetometers oder auf irgendeine andere Weise gibt.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die IMU nicht per empfindlichem I2C am Controller hängt, sondern per CAN-Bus. Die GUI ist übersichtlich und gut strukturiert. Das Dashboard, die Einstiegsseite, bietet genau das, was ein Anfänger braucht, um den Controller in Betrieb zu nehmen.
Dazu zählt vor allem ein Autotuning, das auch die Power-Werte ermittelt. Wer jemals einen Alexmos-Controller konfiguriert hat, weiß, dass Power und PIDs immer in Abhängigkeit zueinander stehen und das ein Auto-PID-Tuning ohne Auto-Power-Tuning kaum hilft, denn wer sich schon mit PIDs nicht auskennt, wird in der Regel auch nicht die Ahnung haben, wie er den richtigen Power-Wert ermittelt.
Nach einem Klick auf Autotuning fängt die Software an, die Power für alle Achsen einzustellen. Dazu wird die jeweilige Achse jeweils ein Stück in eine Richtung und dann in die andere geschubst. Vermutlich werden hier in erster Linie Beschleunigungen gemessen. Anschließend werden die PIDS ermittelt. Dazu ruckt die jeweilige Achse zuerst immer schrittweise in eine Richtung und rastet dabei immer härter ein (hier wird ganz offensichtlich P eingestellt), anschließend ruckt sie immer einen Schritt vor und läuft zurück und zum Abschluss läuft die Achse noch einmal ganz langsam in jede Richtung, wobei man hört, dass D bis zur Oszillationsgrenze hochgefahren und dann wieder etwas zurück genommen wird.
Was im Dashboard besonders anfängerfreundlich erscheint: Nach dem Autotuning muss man an den automatisch ermittelten Werten nichts mehr manipulieren. Passt der Auto Gain Wert nicht ganz, verändert man im Feld darunter einfach den User Gain Wert, der auf den Auto Gain Wert aufgerechnet wird. Ist man mit dem eigenen Ergebnis nicht zufrieden, hat man keinen verpfuschten Auto Gain Wert, sondern muss nur einfach User Gain wieder auf 0 zurück setzen.
Das Resultat war in meinem Fall schon sehr gut. Nicht optimal, da kann man noch einiges dran verbessern, doch vermutlich dürfte es besser sein, als es 9 von 10 ungeübte Personen hinkriegen würden. Dass beim Autotuning noch sehr viele weitere Werte ermittelt wurden, stellt man fest, wenn man anschließend mal in der GUI eine Achse anklickt: Dort taucht eine extrem umfangreiche Liste an Parametern auf, die teilweise von Alexmos und anderen Controllern bekannt sind, teilweise aber auch neu und vielversprechend sind, wie zum Beispiel "Axis resonance (Hz)" oder "Dampening PID P value".
Was mir nach dem ersten Autotuning negativ aufgefallen ist: Die Tilt-Achse lässt sich nicht gerne ganz nach oben oder unten fahren. Sie fängt dann an, zu oszillieren. Mit dem Problem stehe ich nicht alleine da, doch dem Support ist das Thema bekannt und man will in der nächsten Firmware Version mit einem geänderten Algorithmus das Problem entschärfen. In vielen Fällen hilft eine leichte Reduzierung von Dampening P, bei mir sowie einigen anderen jedoch nicht. Und dass der Dragon zu den Gimbals gehört, die nicht steif genug sind, kann ich relativ ausschließen.
Ein weiteres Problem soll eigentlich ein Feature sein: Wenn der Controller eine Achse nicht mehr kontrollieren kann, schaltet er in einen sigenannten Recovery Modus um, in dem die Achse kurzzeitig kraftlos ist und dann wieder neu ausgerichtet wird. Das ist dann vorteilhaft, wenn eine Achse sich aufschwingt und so außer Kontrolle gerät, denn auf diese Weise kann sie sich beruhigen. Nachteilig ist es jedoch, wenn eine Achse aufgrund einer Störkraft weggedrückt wird und der Motor die Kommutierung verliert. Das kann ein starker Windstoß sein, tritt bei mir nach dem Autotuning und der Einrichtung der RC-Kanäle aber auch dann auf, wenn ich die Pan-Achse schnell steuere. Ich könnte zwar mit der maximalen Geschwindigkeit runter gehen oder das Ramping deutlich softer machen, doch genau das will ich vermeiden. Schließlich habe ich einen starken GB85 zwischen Rahmen und Lander, damit der Cam Operator schnell und autonom arbeiten kann.
Ein absolutes Nogo für mich, insbesondere bei diesem Copter ist, dass man zwar die Möglichkeit hat, verschiedene Presets abzuspeichern, diese aber nur per GUI oder einem Taster am Controller umschalten kann. Da ich jedoch unbedingt am Boden die Pan-Achse abschalten muss, weil sonst statt dem Gimbal der Copter dreht, brauche ich eine Möglichkeit, die Presets per RC-Kanal umzuschalten. Ich hoffe, man nimmt meinen Verbesserungswunsch ernst.
Noch ein Wort zur IMU: Während der Initialisierung wird die IMU aufgeheizt und ist erst danach betriebsbereit. Auf diese Weise will man einen Temperaturdrift vermeiden. Auch ist keinerlei Kalibrierung, geschweige denn eine aufwändige und fehleranfällige Würfelkalibrierung notwendig. Die IMU muss einfach nur so präzise wie möglich ausgerichtet werden. Und wenn das nicht wirklich gelingt, ist das auch kein Problem: Die Home-Position jeder Achse kann man schon im Dashboard einfach per Zahlenwert verändern.
Erstes Fazit:
+ fast keine Lötarbeiten
+ dank CAN-Bus keine I2C-Probleme
+ gutes Autotuning mit Power-Tuning
+ übersichtliche GUI
+ spannungsunempfindliche Stabilisierung
+ 9DOF IMU
+ keine IMU-Kalibrierung nötig
- hoher Preis
- Aufschwingen der Tilt-Achse bei zu starken Winkeln
- kein Umschalten von Presets per RC
- momentan Verfügbarkeit nur im Ausland
- noch keine Unterstützung von Bluetooth (BT-Lötpads sind an der Unterseite vorhanden)
[video=vimeo;111679928]http://vimeo.com/111679928[/video]
Der Controller selbst kostet fette 399 USD und kommt mit einer IMU. Eine zweite IMU kostet 129 USD. Alternativ gibt es noch eine HV- (High Voltage) Version des Centerpiece, die für bis zu 10S Spannung ausgelegt ist, 599 USD kostet und bereits eine zweite IMU beinhaltet.
Damit ist es finanziell aber noch nicht getan: 2 Tage nach Bestellung in Israel (!!!) stand der Fedex-Fahrer mit dem Päckchen vor der Tür und wollte nochmal 120 Euro für Zoll und Einfuhrumsatzsteuer. Damit belaufen sich die Gesamtkosten für ein CP mit zweiter IMU und allen Nebenkosten auf rund 580 Euro.
Das ist ne ordentliche Stange Geld, wenn man bedenkt, dass ich kein einziges wirklich gutes Video im Netz gefunden habe. Nur Hobbyvideos von (überwiegend) US-amerikanischen Besitzern, die ihren billigen DYS- RCT- oder sonstwas-Gimbal damit aufgemotzt haben. Und ein guter Controller wird aus einem schlechten Gimbal niemals ein tolles Bild zaubern können. Somit sind die meisten Videos halt doch Jello-verseucht, unscharf oder aus anderen Gründen grottig schlecht.
Egal, Mut wird meistens belohnt, also kaufen und ausprobieren. Der Controller kommt in einer schicken Verpackung und bis auf das Stromkabel muss nichts mehr gelötet werden. Alle Stiftleisten sind bereits vorhanden. Ein Beiblatt verweist direkt auf eine Seite von Phobotic, auf der das Manual, die aktuelle Firmware (war bei mir bereits drauf) und die neuste GUI zum Download liegen. Die GUI ist eine Chrome-App und somit betriebssystemunabhängig.
Ausschlaggebend für meinen Kauf war, dass die IMU eine 9DOF ist, also einen Mag mit drauf hat. Für mich war immer klar, dass eine Pan-Stabilisierung erst dann gut werden kann, wenn es eine Richtungsreferenz in Form eines Endlos-Potis, Magnet-Encoders, Magnetometers oder auf irgendeine andere Weise gibt.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die IMU nicht per empfindlichem I2C am Controller hängt, sondern per CAN-Bus. Die GUI ist übersichtlich und gut strukturiert. Das Dashboard, die Einstiegsseite, bietet genau das, was ein Anfänger braucht, um den Controller in Betrieb zu nehmen.
Dazu zählt vor allem ein Autotuning, das auch die Power-Werte ermittelt. Wer jemals einen Alexmos-Controller konfiguriert hat, weiß, dass Power und PIDs immer in Abhängigkeit zueinander stehen und das ein Auto-PID-Tuning ohne Auto-Power-Tuning kaum hilft, denn wer sich schon mit PIDs nicht auskennt, wird in der Regel auch nicht die Ahnung haben, wie er den richtigen Power-Wert ermittelt.
Nach einem Klick auf Autotuning fängt die Software an, die Power für alle Achsen einzustellen. Dazu wird die jeweilige Achse jeweils ein Stück in eine Richtung und dann in die andere geschubst. Vermutlich werden hier in erster Linie Beschleunigungen gemessen. Anschließend werden die PIDS ermittelt. Dazu ruckt die jeweilige Achse zuerst immer schrittweise in eine Richtung und rastet dabei immer härter ein (hier wird ganz offensichtlich P eingestellt), anschließend ruckt sie immer einen Schritt vor und läuft zurück und zum Abschluss läuft die Achse noch einmal ganz langsam in jede Richtung, wobei man hört, dass D bis zur Oszillationsgrenze hochgefahren und dann wieder etwas zurück genommen wird.
Was im Dashboard besonders anfängerfreundlich erscheint: Nach dem Autotuning muss man an den automatisch ermittelten Werten nichts mehr manipulieren. Passt der Auto Gain Wert nicht ganz, verändert man im Feld darunter einfach den User Gain Wert, der auf den Auto Gain Wert aufgerechnet wird. Ist man mit dem eigenen Ergebnis nicht zufrieden, hat man keinen verpfuschten Auto Gain Wert, sondern muss nur einfach User Gain wieder auf 0 zurück setzen.
Das Resultat war in meinem Fall schon sehr gut. Nicht optimal, da kann man noch einiges dran verbessern, doch vermutlich dürfte es besser sein, als es 9 von 10 ungeübte Personen hinkriegen würden. Dass beim Autotuning noch sehr viele weitere Werte ermittelt wurden, stellt man fest, wenn man anschließend mal in der GUI eine Achse anklickt: Dort taucht eine extrem umfangreiche Liste an Parametern auf, die teilweise von Alexmos und anderen Controllern bekannt sind, teilweise aber auch neu und vielversprechend sind, wie zum Beispiel "Axis resonance (Hz)" oder "Dampening PID P value".
Was mir nach dem ersten Autotuning negativ aufgefallen ist: Die Tilt-Achse lässt sich nicht gerne ganz nach oben oder unten fahren. Sie fängt dann an, zu oszillieren. Mit dem Problem stehe ich nicht alleine da, doch dem Support ist das Thema bekannt und man will in der nächsten Firmware Version mit einem geänderten Algorithmus das Problem entschärfen. In vielen Fällen hilft eine leichte Reduzierung von Dampening P, bei mir sowie einigen anderen jedoch nicht. Und dass der Dragon zu den Gimbals gehört, die nicht steif genug sind, kann ich relativ ausschließen.
Ein weiteres Problem soll eigentlich ein Feature sein: Wenn der Controller eine Achse nicht mehr kontrollieren kann, schaltet er in einen sigenannten Recovery Modus um, in dem die Achse kurzzeitig kraftlos ist und dann wieder neu ausgerichtet wird. Das ist dann vorteilhaft, wenn eine Achse sich aufschwingt und so außer Kontrolle gerät, denn auf diese Weise kann sie sich beruhigen. Nachteilig ist es jedoch, wenn eine Achse aufgrund einer Störkraft weggedrückt wird und der Motor die Kommutierung verliert. Das kann ein starker Windstoß sein, tritt bei mir nach dem Autotuning und der Einrichtung der RC-Kanäle aber auch dann auf, wenn ich die Pan-Achse schnell steuere. Ich könnte zwar mit der maximalen Geschwindigkeit runter gehen oder das Ramping deutlich softer machen, doch genau das will ich vermeiden. Schließlich habe ich einen starken GB85 zwischen Rahmen und Lander, damit der Cam Operator schnell und autonom arbeiten kann.
Ein absolutes Nogo für mich, insbesondere bei diesem Copter ist, dass man zwar die Möglichkeit hat, verschiedene Presets abzuspeichern, diese aber nur per GUI oder einem Taster am Controller umschalten kann. Da ich jedoch unbedingt am Boden die Pan-Achse abschalten muss, weil sonst statt dem Gimbal der Copter dreht, brauche ich eine Möglichkeit, die Presets per RC-Kanal umzuschalten. Ich hoffe, man nimmt meinen Verbesserungswunsch ernst.
Noch ein Wort zur IMU: Während der Initialisierung wird die IMU aufgeheizt und ist erst danach betriebsbereit. Auf diese Weise will man einen Temperaturdrift vermeiden. Auch ist keinerlei Kalibrierung, geschweige denn eine aufwändige und fehleranfällige Würfelkalibrierung notwendig. Die IMU muss einfach nur so präzise wie möglich ausgerichtet werden. Und wenn das nicht wirklich gelingt, ist das auch kein Problem: Die Home-Position jeder Achse kann man schon im Dashboard einfach per Zahlenwert verändern.
Erstes Fazit:
+ fast keine Lötarbeiten
+ dank CAN-Bus keine I2C-Probleme
+ gutes Autotuning mit Power-Tuning
+ übersichtliche GUI
+ spannungsunempfindliche Stabilisierung
+ 9DOF IMU
+ keine IMU-Kalibrierung nötig
- hoher Preis
- Aufschwingen der Tilt-Achse bei zu starken Winkeln
- kein Umschalten von Presets per RC
- momentan Verfügbarkeit nur im Ausland
- noch keine Unterstützung von Bluetooth (BT-Lötpads sind an der Unterseite vorhanden)
[video=vimeo;111679928]http://vimeo.com/111679928[/video]
Zuletzt bearbeitet: