Als ich das Video zum ersten Mal gesehen habe, war meine Bauchreaktion "Das geht mal gar nicht, voll gefährlich, warum macht man sowas?". Dann aber hat mich überrascht, dass das Video weitaus mehr Likes als ThumbsDown hat. Auch wenn das natürlich nicht statistisch repräsentativ ist, steckt da ja ein gewisses Meinungsbild dahinter. Zumal mein Möwenvideo anteilsmäßig mehr negative Bewertungen bekommen hat
An dem Punkt dachte ich mir, hmm, welche Risiken gab es denn mal ganz nüchtern betrachtet bei dem Flug und in Folge dessen Veröffentlichung? Spontan fallen mir drei ein: 1) Gefahr für Menschen in den Autos auf der Brücke 2) Gefahr dass es zu Nachahmern kommt und 3) Gefahr für das Hobby durch potenziell schärfere Gesetze. Weil's grad draußen regnet gönnte ich mir eine gemütliche Tasse Friesentee und weil es eine Berufskrankheit von mir ist habe etwas über die Sache gegrübelt.
zu 1) Objektiv betrachtet war das Risiko für Menschen auf der Brücke wohl sehr gering. Die Wahrscheinlichkeit ein Auto zu treffen ist natürlich da, wenn auch viel, viel geringer als für einen Treffer von Straße, Brückenpfeiler, Meer etc. Selbst bei einem Volltreffer müssen schon sehr viele Dinge zusammenkommen, damit jemand geschädigt wird. Um die Windschutzscheibe zu durchschlagen braucht es mehr als einen 500g Quad, dessen Massenverteilung nicht sehr dicht ist. Natürlich sind auch reine Sachschäden schlimm genug aber auch hier muss man wohl relativieren. Zu keinem Zeitpunkt in dem Video befand sich der Quad direkt über der Straße, Bei technischen Defekten ist die Reaktion eines Racequads (ohne GPS) fast immer eine ballistische Kurve, d.h. das Ding folgt der Schwerkraft. Ja, es bestand auf jeden Fall die Gefahr, dass ein Fahrer abgelenkt oder erschreckt würde. Darauf könnte vielleicht sogar eine Vollbremsung folgen. Hier aber von einer "Lebensgefahr für Hunderte von Menschen" zu sprechen (wie in den kanadischen Fernsehnachrichten) ist aber natürlich Unsinn. Jeder einzelne Fahrer in den Fahrzeugen auf der Brücke birgt ein vielfach höheres Risiko für die anderen Fahrer als der Quad.
zu 2) Mal eine Gegenfrage: Wenn etwas NICHT auf YouTube zu sehen ist, verhindert dies, dass jamand auf so eine Idee kommt? Die Antwort lautet natürlich nein. Nachahmer oder nicht, wenn etwas möglich ist, wird es früher oder später jemand versuchen. Wenn in einem YouTube Video klar eine verbotene Handlung dargestellt ist, sehe ich allerdings YouTube in der Verantwortung dafür, dieses Video zu entfernen. Warum das hier (noch?) nicht passiert ist, ist mir jedenfalls ein Rätsel.
zu 3) Ich glaube, dies ist eine Fehlwahrnehmung, ganz ähnlich wie die zu 1). Warum gibt es in Deutschland die Drohnenverordnung in der jetzigen Form? Der Hauptantrieb war nicht die Gefährdung unser aller Privatsphäre oder sich häufende Personenschäden. Es war eine sich abzeichnende Gefahr für den Luftverkehr - auch wenn es bis heute nicht einen nennenswerten Unfall gegeben hat. Soll heißen, Gesetze entstehen (in der Regel) nicht aus Kurzschlussreaktionen heraus. Die Dinge, die in dem Video zu sehen sind, sind sowohl in Kanada als auch in Deutschland verboten (in Deutschland 100m Abstand zu Schnellstraßen). Das heißt, eine Verschärfung wäre hier gar nicht möglich. Ein solches Video könnte allenfalls dazu führen, dass Gesetzesverstöße stärker geahndet werden - und das ist an und für sich erst Mal nichts negatives, wie ich finde.
OK, was ist jetzt meine Meinung? Das Video ist natürlich ein no-go, auch wenn ich persönlich nicht die Einschätzung bezüglich großer Gefahren für die Autofahrer teile. Aber nochmal, sowas muss echt nicht sein. Hier bestand die Absicht aber natürlich ganz klar darin, Aufmerksamkeit zu erregen. Rotor Riot ist ein kommerzielles Unternehmen und die wissen, dass es keine schlechte Publicity gibt...