Jetzt aber mal ehrlich, wirklich überraschend ist die Mitteilung aber nicht, oder? Graupner hat in den vergangenen Jahren schwere Managementfehler gemacht und muss dafür jetzt u.U. einen hohen Preis bezahlen. Wenn ich in dem Artikel lese, dass das Unternehmen kein Umsatzproblem sondern ein Kostenproblem hat und unter dem ach so aggressiven Wettbewersdruck aus USA und China zu leiden hat, dann kommen mir die Tränen. Wenn ein Management akzeptiert, dass die Kosten proportional zu den Umsätzen steigt, dann hat dieses Management Fehler gemacht. Wenn dem Unternehmen jetzt (die Abschreibungen) fur die Entwicklung des HOTT Systems um die Ohren fliegen, dann wurde da offensichtlich ein System mit einem Aufwand entwickelt, den dieses System hinterher nicht mehr einspielen kann. Daran sind dann aber nicht die bösen Chinesen Schuld, sondern das Management, das vieleicht besser den Kunden hätte zuhören sollen, das Portfolio auf das machbare eindampfen sollen und außerdem auf der Kostenseite seine Hausaufgaben hätte machen sollen, statt irgendwelche Assosiations zu Gründen, um Lobbyarbeit gegen preisdrückende Importeure aus Fernost zu machen.
Irgendwie habe ich beim näheren Nachdenken über die Sache ein deja vu. Vor etwa 50-60 Jahren war die deutsche Kameraindustrie weltweit das Maß aller Dinge. Unternehmen wie Rollei, Leica, Agfa und wie sie alle hießen waren führend in Technologie, Entwicklung, Qualität der Produkte und wahrscheinlich auch im Service. Leider aber auch in den Kosten. Nur war es damals halt so, dass es keine wirklichen Alternativen gab und der Kunde wohl oder übel die hohen Preise der genannten Firmen zahlen musste. Damals war Modellbau BTW synonym mit den Katalogen von Robbe und Graupner. Was die nicht hatten gab es nicht (naja nicht ganz, aber zumindest fast).
Irgendwann kamen dann die Japaner auf den Kameramarkt. Erst mit billigen Kopien, aber schon bald mit enorm leistungsfähigen Kameras in akzeptabler Qualität und einem bis dato unbekannten Preis/Leistungsverhältnis. Noch ein paar Jahre später hatten sie dann auch das Qualitätsproblem geknackt und waren auh hier führend. Es hat nur wenige Jahre gebraucht, die Vormachtstellung der deutschen Kameraindustrie in der Welt zu brechen, ein paar Jahre später waren fast alle Unternehmen vom Markt verschwunden oder fristeten ein trostloses Schattendasein. Man hatte es einfach versäumt, sich rechtzeitig auf die rasant geänderten Marktverhältnisse einzustellen.
Was damals die Kamers waren sind heute zum Beispiel die Modellbauunternehmen und die Japaner von damals kommen heute aus China. Ansonsten wiederholt sich gerade Geschichte. Graupner ist das erste Opfer, weil kaum ein Unternehmen so schlecht aufgestellt ist bzw. dem Kunden so wenige Argumente liefert, dass der Kunde gerade die Artikel dieses Unternehmens kauft und es dadurch rentabel bestehen kann. Aber ich bin mir absolut sicher, in den kommenden Jahren werden weitere Unternehmen folgen, und die verbliebenden werden dann anders aussehen als sie das heute tun.