Die Nutzung des Luftraums ist der weltweit am strengsten überwachte und regulierteste Verkehrsbereich. Wieso das so ist, muss ich hoffentlich niemandem erklären.
Egal ob man sich einen Fallschirm auf den Rücken schnallt und vom Berg springt, oder ob man sich mit einem Schirm hochziehen lässt. Sobald es gen Himmel geht, greifen alle möglichen (nationalen/ transnationalen) Regularien sowie strenge sach- & personengebundene Erlaubnisvorbehalte für die Teilnahme am Luftverkehr. Das ganze wird durch jede Menge drakonischer Strafvorbehalte flankiert. Wer (irgendeinen) Flugschein gemacht hat, der weiss genau wovon ich rede.
Nun genießt der "Modellflug" - und zwar einzig und allein aufgrund des Umstandes, dass es sich um Modellflug handelt - (noch) in vielen Ländern eine Sonderstellung. Diese Sonderstellung, so wie wir sie kennen, ist keine Selbstverständlichkeit oder etwa ein von Gott gegebenes Recht, sondern im Lichte der luftverkehrsrechtlichen Regularien eine absolute Ausnahmeregelung. Wie schnell sich die Stimmung drehen kann, sieht man zurzeit in den USA, was noch bis vor kurzem als DAS "El Dorado" des unregulierten Modellflugs und FPV galt. Es gibt dort ein riesen Geschrei seitens der Lobby, FPV-Community etc., aber letzten Endes wird sich vermutlich die FAA mit ihren Vorstellungen durchsetzen. Und wer es noch nicht mitbekommen hat, in unserer unmittelbaren Nachbarschaft wurden in einigen Städten inzwischen flächendeckend Aufstiegsverbote im Stadtgebiet ausgesprochen. Über die Zulässigkeit eines solchen Verbots und Zuständigkeiten kann man sich vortrefflich streiten, aber erst mal ist das eine - für Modellflieger - ernstzunehmende problematische Tendenz.
Der Grund für weltweit im wesentlichen gleichgeschaltete Privilegierung des Modellflugs ist schlicht und ergreifend, dass man (luftverkehrs-/ sicherheits-)politisch über viele Jahre nie einen Grund dafür sah, dem Hobby des Modellfliegens unnötige bürokratische Hürden aufzubürden. Modellflieger wurden über Jahre hinweg als verschrobenes, harmloses Völkchen gesehen, die auf irgendeinem Acker herumstehen und im Umkreis von 150m ein Balsa- oder Styromodell manövrieren, was niemanden großartig gestört hat. Als die Gesetze eingeführt wurden, gab es weder Brushless-Motoren, noch Hochkapazitäts-Lipos oder Videosender, die auf Modelle gepackt werden. Allenfalls die "Lärmbelästigung" durch Verbrennungsmotoren erachtete man als "Störfaktor", weshalb man den Bannkreis zu Siedlungen aussprach. Letzeres ist aber auch gleichzeitig ein gutes Beispiel dafür, wie schnell es dann gehen kann.
Kurzum: Aus Sicht des Gesetzgebers geht/ ging es bislang um ein Hobby, welches auf die Nutzung des Luftraums zum Zwecke des (überwiegend risikolosen) Fliegens eines Modells abzielt. Dieses "Flug"-Hobby, also das Steuern vom Boden aus mit den seinerzeitigen sehr viel beschränkteren technischen Möglichkeiten - wurde bis zu einer bestimmten Grenze als harmlos erachtet und entsprechend erlaubnisfrei privilegiert. Man sah nur ein gewisses theoretisches (Sach-)Schadenspotential, weshalb man die Versicherungspflicht einführte. Früher kam kein Mensch auf die Idee, sein Modell über Gebiete zu fliegen, die von oben betrachtet besonders spektakulär aussehen. Vielmehr zog man sich irgendwo in die Walachei oder auf einen Modellflugplatz zurück. Heutzutage werden Modelle an Orten gestartet, die von oben gesehen besonders gut aussehen, weil sich scheinbar einige auf dem Acker außerhalb der Zivilisation langweilen. Und genau das ist die Crux. Es gibt heutzutage mehr Berührungspunkte aufgrund der neuen Möglichkeiten.
Die von meinem Vorredner genannten Vergleiche zu anderen Freizeitaktivitäten oder etwa dem Oldtimer-Status gehen an der Sache vorbei.
Die derzeitigen luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen privilegieren nur den Punkt des Modellfliegens. Und sonst nichts. Diesen Nutzungszweck hat der Gesetzgeber mit dem seinerzeitigen Wissen bis zu einer gewissen Grenze als unproblematisch eingestuft. Wie aber will man die Grenze zwischen "Modellflug" und anderen, nennen wir sie mal, "luftverkehrsteilnehmden Gerätschaften" ziehen, bei denen eben nicht das Flugerlebnis, sondern irgendein anderer Zweck im Vordergrund steht?
Wir sehen ja, was da alles am Horizont für Begehrlichkeiten erwachen. Amazon, Post & Co. träumen von ausliefernden "Drohnen", die Behörden von Überwachung aus der Luft, die Deutsche Bahn von Streckenüberwachung, Stromnetzbetreiber von Wartung der Hochspannungsleitungen aus der Luft, Fernseh- & Rundfunkanstalten von Kamera-Reportagen und Live-Footage aus der Luft & von Konzerten, Papparazzi von fliegenden Kameras über Grundstücken irgendwelcher Star- & Sternchen usw.
Und ich behaupte mal, all diese Betreiber würden sich wünschen, sie würden Modellflug betreiben, genau wie manch eine "Privatperson" die Wunschvorstellung hegt, "ab und zu" mal ein paar Luftaufnahmen zu verkaufen, sei kein Gewerbe.
Natürlich sind das alles provokante Beispiele, aber man müsste lügen, würde man behaupten, dass es all den "Privatpersonen", die einen Phantom oder Parrot kaufen, in erster Linie um Modellflug geht. Die Motivation für viele dieser Anwendungen ist die Luftbildaufnahme und nicht etwa der "Modellflug". Modellflug ist in vielen solcher Fällen nur das Mittel zum Zweck. d.h. das Vehicle. Modellflug kann es aber nur sein, wenn die Kameratechnik dem umgekehrten Zweck dient: Dem Fliegen/ Steuern des Modells.
Das kennt Ihr doch sicherlich selbst alle aus Eurem Bekanntenkreis. Welche von den Personen, die Ihr kennt, und die sich in letzter Zeit einen Copter mit Kamera gekauft hat, geht es wirklich um Modellflug (klassisch/FPV), und wem geht es eigentlich um das Filmen/ Fotografieren aus der Luft?
Natürlich ist die Grenzziehung problematisch, aber es ist die einzige Grenze, die es gibt. Nur dieser Punkt trennt den "Modellflug" von einer unüberschaubaren Zahl von Anwendungsmöglichkeiten (mit unterschiedlichsten Risiken = UAS). Natürlich wird der Flug (mal laienhaft gesprochen) nicht "illegal", nur weil man den Flug aufzeichnet. Aber man muss eben genau unterscheiden, was der Zweck war.
Die Technik selbst ist kein taugliches Abgrenzungskriterium, denn die kann zweckübergreifend eingesetzt werden. Ich würde behaupten, vielen FPV-Piloten geht es in erster Linie ausdrücklich um das Flugerlebnis, d.h. um die Immersion im Modell. Und wenn dieser Kreis irgendeine Chance haben will, auf Dauer das Hobby privilegiert zu erhalten, dann sollte man als FPV'ler viel Wert auf die Angrenzung legen. Dass das praktisch im Einzelfall problematisch sein kann, ist schon klar. Aber da müssen dann die Beweislastregeln greifen.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass die meisten sich überhaupt nicht darüber im klaren sind, was sie eigentlich luftverkehrsrechtlich gesehen für ein Privileg genießen. Das kann sich zukünftig ganz schnell ändern.
Wenn das Abgrenzungskriterium fällt, dann war es das mit dem erlaubnisfreien Modellflug. Je voller es am Himmel wird, umso wahrscheinlicher wird es, dass am Ende Politiker und Ausschüsse über etwas bestimmten, die selbst damit überhaupt nichts am Hut haben und aufgrund irgendeiner öffentlichen Stimmungslage eine Entscheidung treffen müssen. Und zwar in erster Linie aufgrund irgendwelcher sicherheitstechnischer Überlegungen und nicht aufgrund persönlicher Befindlichkeiten von gerade einmal ~100.000 Modellflugpiloten. Und da wird dann auch der DMFV vollkommen machtlos sein.
Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung wäre schon einmal, wenn die Händler und Hersteller sehr viel mehr Aufklärung betreiben würden. Die Selbstverpflichtung von DJI, Flugverbotszonen bei GPS-Aktivierung in die MC zu integrieren, ist schon einmal ein richtiger Schritt. Welcher Phantom-Flieger informiert sich schon, wo man fliegen darf.
Wenn man den Modellflug erhalten will, so wie er bisher besteht und privilegiert ist, dann wird man auf Dauer nicht umherkommen, sehr genau unterscheiden zu müssen, warum jemand mit einem Modell/ UAS umherfliegt. Ansonsten sehe ich schwarz. Ein Kompromiss könnte es in der Tat sein, zukünftig UAS bis 5 kg den Modellflugregeln zu unterstellen, aber wer weiss, was das dann für Loopholes bietet?